Der Schweinswal

Ein Schweinswal schaut neugierig aus dem Wasser: er streckt seine Schnauze bis zu den Mundwinkeln leicht schräg auftauchend in die Luft, ein Auge, der Rest des Kopfes, ein Flipper und sogar der Ansatz der Rückenfinne sind im klaren Wasser gut zu erkennen
© Foto: S. Koschinski | FjordBaelt, DK fjord-baelt.dk

Der Schweinswal ist unser einziger heimischer Wal, das heißt die einzige Walart, die in den deutschen Gewässern in der Nord– und Ostsee ganzjährig vorkommt und hier auch ihre Jungen zur Welt bringt. Vor der Nordseeinsel Sylt befindet sich ein für die Geburt und Kälberaufzucht wichtiges Gebiet, das deshalb seit 1999 zum ersten Walschutzgebiet Deutschlands erklärt wurde.

Aussehen
Schweinswale gehören zu den Zahnwalen. Im Gegensatz zu Delfinen haben sie keine konischen, spitzen Zähne, sondern spatenförmig, abgeflachte Zähne. Ebenso charakteristisch für die Schweinswale sind: ein rundlicher Kopf mit flacher Schnauze (kein langer Schnabel wie bei Delfinen), ein kleine dreieckige Rückenfinne, kleine Flipper und eine Einkerbung in der Mitte der Fluke.

Schweinswale haben einen kleinen gedrungenen Körper, damit sie durch eine geringere Oberfläche möglichst wenig Wärme in den kalten Gewässern verlieren. Der Schweinswal an unserer Küste kann bis zu 1,90 Meter groß werden und 55-65 Kilogramm schwer, dabei sind die Weibchen die größeren Exemplare. Allerdings werden so große Tiere nur noch selten gefunden. Meist messen die erwachsenen Wale etwa 1,40-1,50 Meter.

Der Rücken der Tiere ist dunkel bis schwarz und mit einem von der Rückenflosse ausgehenden grauen Feld versehen, der Bauch ist heller, oft fast weiß. Vom Mundwinkel führt eine schwarze Zeichnung bis zum vorderen Ansatz der Flipper (Brustflossen).

Von vorne gesehen haben die kleinen Wale einen zugespitzten (Kuss-)Mund und scheinen zu lächeln, da die Mundlinie nach oben gezogen ist, sie haben aber keine Mimik und können dies nicht verändern.

Nachwuchs und Verhalten

Eine Schweinswalmutter schwimmt mit ihrem Baby fast einen Kreis beschreibend umher, die Aufnahme von einem erhöhten Standpunkt zeigt beide Tiere deutlich erkennbar im klaren Wasser
© Foto: S.Koschinski | FjordBaelt, DK fjord-baelt.dk

Die kleinen Wale kommen zum Atmen mit einem hörbaren Blas nur kurz an die Wasseroberfläche und tauchen mit einer rollenden Bewegung wieder unter, bei der nur der Rücken mit der dreieckigen Finne zu sehen ist, die Fluke (Schwanzflosse) hebt sich nicht aus dem Wasser (wie dies bei den großen Walen der Fall ist). Sie springen nur ganz selten aus dem Wasser. Schweinswale können nur etwa 7 Minuten lang tauchen und bis zu 22 Stundenkilometer schnell schwimmen. Heutzutage erreichen sie meist nur ein Alter von 9 Jahren, könnten aber bis zu 20 Jahre alt werden.

Vorkommen und Nahrung
Das Verbreitungsgebiet des Gewöhnlichen Schweinswals (Phocoena phocoena) erstreckt sich in den kalten, aber eisfreien Küstengewässern des Nordatlantiks vor Europa, Nordwestafrika, dem Osten Nordamerikas sowie den amerikanischen und asiatischen Küstengewässern des Nordpazifiks. Im Schwarzen Meer gibt es eine eigene Unterart (Phocoena phocoena relicta), die sich durch Isolation genetisch unterschiedlich entwickelt hat.

Schweinswale ernähren sich hauptsächlich von Fischen, daneben auch von Borstenwürmern, Schnecken, Krebstieren und Tintenfischen. Die Zusammensetzung der Nahrung variiert dabei je nach den geografischen Gebieten. Die gefressenen Fische sind meistens kleiner als 25 Zentimeter, da die Schweinswale größere Fische nicht schlucken können.

Natürliche Feinde der Schweinswale sind vor allem größere Haie und Schwertwale.

Echoortung

Der Schweinswal treibt im trüben Wasser von links nach rechts, sein Körper ist nur in Umrissen zu erkennen.
© Foto: S. Koschinski
Ein Schweinswal im trüben Wasser

Licht dringt nicht sehr weit ins Meer, in der Tiefe ist es dunkel, aber Schall breitet sich im Wasser sehr gut aus. Wie alle Zahnwale nutzen Schweinswale zur Orientierung und Jagd die Schallortung. Sie erzeugen dafür kurze Schallimpulse vor allem im Ultraschallbereich (für den Menschen nicht hörbar), so genannte Klicks, die wiederholt ausgestoßen werden.

Durch die von der Umgebung oder Fischen zurückgeworfenen Schallwellen (Echo), die über den Unterkiefer an das Innenohr geleitet werden, können sich die Schweinswale ein „akustisches Bild“ machen. Sie können sogar verschiedene Metalle und Materialien damit unterscheiden.

Bestand und Bedrohung
Die Anzahlen der Schweinswale sind im Vergleich zu früheren Vorkommen rückläufig. Ursachen sind die früher massiven Umweltgifteinleitungen in die Meere, von denen sich bestimmte Stoffe wie Quecksilber in den Walen anreichern und ihr Immunsystem schwächen, und der Erstickungstod als ungewollter Beifang in Fischernetzen.

Durch Überfischung wird ihnen vielerorts ihrer Nahrungsgrundlage entzogen. Zudem macht Delfinen und Walen heutzutage die Verlärmung der Meere zu schaffen.

Schweinswale wurden in früheren Jahrhunderten sogar bejagt und gegessen. Dadurch und wegen der starken Verschmutzung der Flüsse und Küstengewässer mit Abwässern aus der Industrie und Landwirtschaft und dem Rückgang von Fischarten sind die Wale ab den 1950iger Jahren fast gänzlich von der deutschen Nordseeküste verschwunden.

Zwei Schweinswale schwimmen ganz dicht am Elbufer, beide Tiere sind eng zusammen, die Finnen und Rücken sind deutlich aus dem Wasser
© Foto: Sophia Wenger
Zwei Schweinswale dicht am Elbufer

Seit etwa 10 Jahren wird aber eine Art Rückkehr und Verlagerung des Bestandes aus dem Norden in den Süden festgestellt: Es werden wieder vermehrt Schweinswale in der südlichen Nordsee und an der deutschen Küste gesehen.Der Bestand wird in der deutschen Nordsee jahreszeitabhängig auf etwa 15.000 bis 54.000 Tiere im Frühjahr geschätzt. Genaueres über eine Unterteilung in Gruppierungen ist noch nicht bekannt, aber in der Ostsee werden mehrere Populationen unterschieden.

In der westlichen Ostsee wurde das Vorkommen jüngst auf nur mehr etwa 11.000 Tiere geschätzt (davon 800-2000 in deutschen Gewässern), innerhalb der letzten 10 Jahre hat sich der Bestand damit halbiert! Vor allem die Population in der östlichen Ostsee, die sich genetisch etwas von den anderen unterscheidet, ist mit nur noch etwa 300 Individuen vom Aussterben bedroht!

Schutzabkommen
Der Schweinswal steht als geschützte Art auf den Listen verschiedener internationaler Schutzabkommen, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden müssen, z.B.:

  • Rote Liste bedrohter Arten der IUCN: Status: „Gefährdet“
  • Rote Liste Deutschland: Status: „Stark gefährdet“
  • Europäische Fauna-und Flora-Habitatrichtlinie (Natura 2000): Der Schweinswal ist auch als geschützte Art bei der Europäischen Fauna-und-Flora-Habitat-Richtlinie auf den Listen II und IV aufgeführt, mehrere FFH-Gebiet (Natura 2000) sind zu seinem Schutz ausgewiesen worden, für die allerdings noch Schutzrichtlinien erlassen werden müssen.
  • ASCOBANS (Agreement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic, North East Atlantic, Irish and North Seas): Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee, des Nordostatlantiks und der Irischen See; regionales Artenschutzabkommen, das im September 1991 im Rahmen der Bonner Konvention abgeschlossen wurde und im März 1994 in Kraft trat.

Wale auf Wanderschaft und Whale Watching

Schweinswalsuche in der Elbe: mit dabei die interessierte junge Journalistin Rebecca Sch. (15 Jahre) und die Dipl.-Biologin Denise Wenger, beide halten von einem Zodiac aus stehend mit Ferngläsern Ausschau nach Schweinswalen
© Foto: C. Schrader
Schweinswalsuche auf der Elbe, mit dabei die interessierte junge Journalistin Rebecca Sch. (15 Jahre).

Schweinswale gehen jahreszeitlich auf Wanderungen, über die man noch nichts Genaueres weiß. Wintergebiete liegen wohl eher küstenfern im Norden oder Westen, im Frühjahr dann tauchen die ersten Wale an der Küste Niedersachsens auf.

Seit 2007 konnte durch ein Sichtungsprogramm und Untersuchungen der GRD-Biologin Denise Wenger nachgewiesen werden, dass nach fast 100 Jahren wieder Schweinswale in die Flüsse schwimmen, in der Weser bis Bremen, in der Elbe bis Hamburg – über 90 Kilometer von der Küste entfernt. Die Biologin ging der Sache auf die Spur: vor allem von März bis Mai wurden die Kleinen Tümmler in den Flüssen gesichtet, dann, wenn wandernde Fischschwärme wie die Stinte (Osmerus eperlanus) zum Ablaichen aus der Nordsee in die Flüsse hoch ziehen.

2013 konnten im Hamburger Hafen viele Schweinswale aus nächster Nähe vom Ufer von Spaziergängern oder von Strandcafés aus gesehen werden. Kajakfahrer und Motorbootfahrer berichteten zudem, dass die Wale neugierig nahe herangeschwommen seien.

Verwandtschaft: Familie der Schweinswale
Weltweit gibt es sechs Schweinswalarten, die alle relativ küstennah vorkommen, aber geographisch voneinander getrennt sind. Sie haben alle die Schweinswal-typischen anatomischen Merkmale, unterscheiden sich jedoch in Färbung und Größe. Unter ihnen findet man die kleinsten Wale.

Mit zu den unmittelbar vom Aussterben bedrohten Arten zählt dabei der Hafenschweinswal, der nur in einem Gebiet im Norden des Golfs von Kalifornien vorkommt. In Mexiko nennt man ihn auch Vaquita, kleine Kuh, er wird nur bis zu 1,5 Meter groß. Von dieser Schweinswalart gibt es schätzungsweise nur noch etwa 100 Individuen, darunter weniger als 30 fortpflanzungsfähige Weibchen. Beifang in oft illegalen Fischernetzen ist die Haupttodesursache für diese Wale, die, wenn nicht sofort alles zu ihrem Schutz getan wird, bis 2018 ausgestorben sein werden.

© April 2015: