Wieder Schweinswale in Hamburg zu sehen
30.04.21 Seit drei Wochen werden wieder regelmäßig Schweinswale im Hamburger Hafengebiet gesichtet. Von Wedel bis Köhlbrand und Norderelbe meldeten engagierte Bürger im Rahmen des langjährigen Citizen Science-Programms ihre Sichtungen.
Vor allem im Frühjahr 2013 und 2016 wurden die kleinen Wale in größerer Zahl in den Unterläufen der Weser und der Elbe angetroffen und beim Jagen beobachtet. Sie folgen im Frühjahr anadromen Fischarten, die zum Ablaichen aus der Nordsee in die Flüsse hoch bis ins Süßwasser ziehen.
Mehr Schutz für die kleinen Wale!
„Wir bitten nun alle Motorbootfahrer besonders vorsichtig zu fahren!“, so die Biologin Denise Wenger, die das Sichtungsmeldeprogramm für Schweinswale in den Flüssen bereits 2007 ins Leben gerufen hat. „Die kleinen Wale schwimmen oft zwischen Fahrrinne und Ufer, jagen oder ruhen dort. Am letzten Wochenende konnten wir mehrfach Schweinswale beim Jagen nähe Rüschpark beobachten, genau dort, wo oft schnelle Motorboote fahren. Die Wale tauchten weg, doch wir haben Aufnahmen von Schweinswalen mit Schiffsschraubenverletzungen am Rücken. Zum Glück findet dieses Jahr der Hafengeburtstag nur online statt, denn 2016 wurden schrecklicherweise nach der Veranstaltung sehr viele tote Schweinswale im Hamburger Hafengebiet gefunden. Auch generell müssen wir uns für einen viel besseren Schutz der Schweinswale in unseren Gewässern einsetzen!“
Schweinswalsichtungen und Todfunde bitte melden!
Schweinswale e.V. bittet nun wieder alle Anwohner, Fährfahrer, Segler, Kajak- und Motorbootfahrer die Augen offen zu halten und Sichtungen von Schweinswalen und Robben zu melden. Dies kann mit einem Online-Formular oder einfach per Telefon oder WhatsApp unter 0176-22208271 erfolgen.
Durch das Sichtungsprogramm mit Informationsplattform und interaktiven Sichtungskarten unter www.walschutz.org sind die Schweinswale in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, die Bürger können sich informieren und die Wale nah wahrnehmen und erleben, für die meisten ein eindrucksvolles, unvergessliches Erlebnis.
Erfolge des Sichtungsprogramms sind u.a. der Nachweis, dass Schweinswale v.a. im Frühjahr die Flüsse Weser und Elbe bis Bremen und Hamburg frequentieren. Sie folgen wandernden Fischschwärmen wie Stint und Finte zu deren Laichplätzen. Dabei schwimmen sie bis 100 Kilometer weit bis in den Hamburger Hafen, wo sie mit dem regen Schiffsverkehr zurechtkommen müssen und Stress und Wasserverschmutzung ihnen zusetzen. Todfunde konnten geborgen und untersucht werden. Baumaßnahmen wurden zeitlich verschoben und Schweinswale sind jetzt als Schutzgut für Weser und Elbe gelistet.
Schweinswale e.V. dankt allen Bürgern vielmals für ihre Mithilfe zum Schutz der kleinen Wale!
Schweinswale zeigen auf
Das Auftauchen der Schweinswale in der Elbe zeigte auch etwas auf: die Schweinswale zogen im letzten Jahrzehnt in mehreren Jahren im Frühjahr zeitgleich mit den Stintschwärmen die Elbe hoch. Die bislang unbeachtete Fischart „Stint“ wurde nun als ökologische Schlüsselart identifiziert. Denn die Stinte stellten in den letzten Jahrzehnten einen großen Teil der Fischfauna in der Tideelbe. In den verschiedenen Entwicklungsstadien dienen diese kleine Fische als wichtige Nahrungsgrundlage für viele Raubfische und Vogelarten. Ein dauerhafter Rückgang der Stintbestände durch Eingriffe hätte negative Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem der Tidelbe und könnte auch das Aus für viele andere Arten bedeuten.
Elbvertiefung und Verschlickung
Sechs Mal (1825, 1910, 1937, 1978, 1999 und im letzten Jahr) wurde die Unterelbe bis Hamburg bereits vertieft. Als sie bei Hamburg früher ein wichtiges Laichgebiet für etliche Fischarten war, war sie weniger als 4 Meter tief. Heute ist die Fahrrinne der Elbe auf etwa 17-18 Meter Tiefe ausgebaggert und auch verbreitert worden. Doch das hat weitreichende negative ökologische Folgen und z.B. gegen die Verschlickung muss dauernd angebaggert werden, das bedeutet enorme Kosten und dauernde Eingriffe. Verschlickung bedeutet Sauerstoffmangel, regelrechet Sauerstofflöcher, vor allem, wenn, wie in den letzten Jahren, durch die Klimaveränderung wenig Regen fällt und die Flüsse wenig Wasser führen. Fischlaich kann sich nicht entsprechend entwickeln und Fischsterben und Artenrückgang sind zu Recht befürchtete Folgen. Mehr darüber findet man z.B. unter Elbvertiefung – Wikipedia , www.mehrcontainerfuerdeutschland.de/oekologie/verschlickung-des-hamburger-hafens-gefaehrdet-elbvertiefung/, Elbvertiefung: Folgen für die Umwelt (wwf.de), Elbvertiefung: Fast schon freie Fahrt – doch Umweltschützer kämpfen weiter – WELT .
Wie sich die Fischbestände nun dort entwickeln werden, ist fraglich und muss beobachtet werden. In früheren Jahrhunderten holten die Fischer und Anwohner leicht und einfach sogar mit Körben die Fische watend aus dem Wasser, so viele gab es.
Mehr Spiel und Spaß am Hamburger Hafen
Dabei kann und könnte man sogar in Hamburg am Elbufer, hundert Kilometer weit von der Küste entfernt, Schweinswale und Robben beobachten, eine Begegnung der besonderen und beliebten Art. Wenngleich sie schon in früheren Jahrhunderte hier waren, finden sie doch jetzt nur eine völlig lebensfeindliche Umgebung vor, aber trotzdem müssen diese Meeresbewohner auf die Fische in den vielbefahrenen Flüssen ausweichen, weil etliche Fischarten in der Nordsee, die ihnen als Nahrung dienen, so überfischt sind.
Der Hamburger Hafen und die Tideelbe sind für viele Anwohner und Besucher auch Attraktion und Erholungsgebiet. Mit mehr Willen und Einsatz für den Arten- und Naturschutz könnten hier statt ökologische Verschlechterungen auch Verbesserungen erreicht werden, die für viele Tiere, Pflanzen und auch uns Menschen wichtig wären.
Hafenbereich Hamburg Höhe Övelgönne – Foto © D. Wenger
Forderung nach Förderung ökologischer Verantwortung!
Copyright: Denise Wenger