Biologie der Schweinswale

Biologie der Schweinswale
Biologie der Schweinswale

Vorkommen

Der Schweinswal (Phocoena phocoena) gehört mit zu den kleinsten Walarten der Welt. Er ist in den gemäßigt-kalten und subarktischen Gewässern der Nordhemisphäre verbreitet und hält sich meist in den Küstengewässern nicht weiter als 10 km vom Festland entfernt auf.

Der sympathische Mini-Zahnwal kommt bei uns in Nord- und Ostsee vor und wird häufig von Seglern gesichtet. Für Deutschland gilt er als einzige residente Wal-Art, das heißt, nur Schweinswale leben ständig in deutschen Gewässern und gebären hier ihre Jungen.

Eine vom Aussterben bedrohte Unterart der Schweinswals (Phocoena phocoena relicta) findet sich im Schwarzen Meer. Ebenso ist eine Population in der zentralen und östlichen Ostsee mit nur noch etwa 300 Individuen an der Grenze des Überlebens.

Zwei tote Schwarzmeer-Schweinswale, Copyright Foto: Denise Wenger
Zwei tote Schwarzmeer-Schweinswale, © Foto: Denise Wenger

Verhalten

Die kleinen Meeressäuger sind perfekt an ihr Leben im Meer angepasst, ihre gedrungene Körperform und ihre Speckschicht schützen sie vor Auskühlung. Sie können bis zu etwa 220 Meter tief tauchen und über 6 Minuten die Luft anhalten. Sie sind durchaus schnelle Schwimmer, die mit ihrer Stromlinienform durchs Wasser gleiten und bei größerer Geschwindigkeit kurz mit dem ganzen Körper über der Oberfläche sind. Dabei können sie bis zu 20 km/h erreichen. Sie sind sehr wendig und kommen auch im flachen Wasser zurecht.

Schweinswale gelten als eher scheu. Auch beim Atmen kommen sie nur kurz an die Wasseroberfläche, so dass man meist nur einen kurzen Blick auf die kleine dreieckige Rückenfinne erhaschen kann, bevor sie mit einer rollenden Bewegung nach vorne wieder abtauchen. Besser zu hören als zu sehen ist ihr scharfer, schnaubender Blas.

In den letzten Jahren entdeckte und dokumentierte unsere Biologin Denise Wenger, dass nach fast 100jähriger Abwesenheit die Kleinen Tümmler wieder wanderenden Fischarten in die Flussläufe von Weser und Elbe folgen. (Link)

Mit ihrem Echo-Ortungssystem finden sie ihre Beute auch im trüben Wasser und können sich gut orientieren.

Nach etwa 10 Monaten Tragzeit gebären die Schweinswale (meist im Mai und Juni) ein Junges. In dieser Zeit und der darauf folgenden Zeit des Säugens halten sich die Schweinswalmütter mit ihren Kälbern in bestimmten, oft flachen oder ruhigen, Seegebieten auf.

Schutz

Westlich vor der Insel Sylt befindet sich eine dieser „Kinderstube“ der Schweinswale, im flachen Wasser bringen sie hier ihre Jungen zur Welt. Es kommt immer wieder vor, dass die Schweinswalmütter ihre Neugeborenen in die „Obhut“ eines Badenden geben, um kurz zur Nahrungssuche zu verschwinden. Das Gebiet vor den Inseln Amrum und Sylt wurde im Dezember 1999 unter Schutz gestellt und ist derzeit das einzige Walschutzgebiet Deutschlands und das erste offizielle Walschutzgebiet Europas. Es erweitert den seit 1985 bestehenden Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer bis zur 12 Seemeilengrenze nach Westen. Schutzzweck ist vor allem die Bewahrung dieses wichtigen Kalbungsgebietes des Nordseebestandes der Schweinswale. Seit 1995 hat sich unsere Projektleiterin Denise Wenger vor Ort und mit zahlreichen Schreiben für die Einrichtung des Schutzgebietes eingesetzt.

In jüngster Zeit wurden von Hörnum bis List zwölf neue Infostelen installiert, um auf das vor der Insel gelegene Walschutzgebiet hinzuweisen. Sie bieten Wissenswertes über seine Bewohner sowie über das für die Insel so wichtige Thema Küstenschutz und sind Teil des Besucherinformationssystems (BIS) im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Treibende Kräfte für das Projekt waren der Sylter Biologe Lothar Koch von der Schutzstation Wattenmeer und Dr. Matthias Strasser vom Erlebniszentrum Naturgewalten.

Schutzstatus:

Der Schweinswal und seine Lebensräume stehen u.a. unter dem Schutz des „Agreement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic and North Seas“ (ASCOBANS) und der EU-Habitat-Direktive (FFH-Richtlinie, Natura 2000). Verschiedene Aktivitäten des Menschen sind für die Schweinswale als ernste Bedrohungsfaktoren einzustufen. Die Hauptgefahr stellt die Fischerei dar. In (Grund-)Stell- und Treibnetzen (Ostsee) verfangen sich die kleinen Meeressäuger und ertrinken. Der ungewollte Beifang gilt noch immer als die Haupttodesursache und bis zu 6000 der kleinen Wale sterben dadurch jährlich allein durch die dänische Fischerei. Sprengungen von Munitionsaltlasten vor der niederländischen Küste kosten wahrscheinlich bis zu 4200 Walen das Leben. Aber auch küstennahe Ressourcennutzung wie z.B. die Ölförderung, der Bau von Offshore-Windkraftanlagen beeinträchtigen die Lebensräume der Kleinen Tümmler oder vertreiben sie temporär.

Doch dringend konkrete Schutzmaßnahmen nötig:

Bislang ist der Schutz der Schweinswale doch leider fast nur „Papiersache“. Was schön als Schutzgebiet und FFH-Gebiet auf Karten eingezeichnet ist, ist jedoch im europäischen Fischereirecht (noch) nicht mit Auflagen belegt und so kann noch jede Form der Fischerei, auch Schweinswal-tödliche in den Schutzgebieten stattfinden. Zudem sind auch im Walschutzgebiet vor Sylt noch alle Vergnügungssportarten wie Jetskies erlaubt. Doch nimmt dies durch zunehmenende Gebietsnutzung und der Druck und die Bedrohung für die kleinen Wale durch Meeresverschmutzung, zunehmenden Schiffsverkehr und Überfischung noch weiter zu, sind noch mehr Todesopfer unter den Schweinswale zu erwarten. Strikte Schutzmaßnahmen in ausgewiesenen Gebieten sind deshalb ein „Muss“ für einen ernsthaften Schutz, Schweinswale e.V. setzt sich hierfür bei allen relevanten Behörden und durch konkrete Bildungsprojekte und Öffentlichkeitsarbeit ein.

© Text: Schweinswale e.V./Denise Wenger
© Foto: Koschinski | FjordBaelt, DK; www.fjord-baelt.dk

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